| Laufend glücklich am 5. März beim Antalya-Halbmarathon 2023
Es ist ein etwas wolkenverhangener Tag, als ich so gegen 8 Uhr 
an einer Kongresshalle, die gegenwärtig das Headquarter des 
Runtalya-Marathons beherbergt, ankomme.
Viele hundert Teilnehmer, überwiegend Einheimische aber auch
etliche Ausländer wie Russen, Zentralasiaten, Deutsche, 
Engländer, Niederländer, Belgier, Skandinavier, Polen und 
sonstige Osteuropäer sind anwesend und fiebern dem baldigen 
Start entgegen.
Aufmerksam die Läuferschar betrachtend und besonders nach 
etwa gleichaltrigen Läufern mit über 75 Jahren Ausschau 
haltend schlendere ich über den großen Platz vor der Halle und 
neben dem Startplatz auf einer breiten Avenue.
 Wie ein Gewitterdonner ertönt plötzlich die Türkische 
Nationalhymne aus den an mehreren Stellen aufgebauten 
Lautsprechern.
Fast ausnahmslos bleiben die einheimischen Sportler in ehrerbietender Haltung mit der rechten Hand zum Herz erhoben
stehen.
Ich tue es ihnen gleich und verhalte mich ebenso, ein 
Gänsehautgefühl dabei in mir spürend.
 
Nachdem die Marathonläufer um 9 Uhr gestartet waren, füllt 
sich jetzt der Startbereich mit der großen Masse der Halbläufer.
Ich reihe mich ganz hinten im Startblock ein, denn Ambitionen 
für Schnelligkeit habe ich schon sehr lange keine mehr.
Deshalb laufe ich ja auch den Halbmarathon, die 42-km Strecke 
würde ich zwar auch ohne Probleme schaffen, aber bei weitem 
nicht mehr in der Sollzeit, die nur 5 Stunden beträgt.
Nun schaue ich mir die Gesichter von Konkurrenten genau an 
und frage mehrere, denen ich mein Lebensalter zubillige, nach 
ihrem.
Einer, ein Einheimischer ist sogar 20 Jahre jünger, mehrere 
andere über 10 Jahre und ein Deutscher sind erst 70. Aha...meine Chancen auf den 1. Platz der Altersklasse M 75 sind
also groß, denke ich und fühle mich dabei mental hervorragend,
zumal mein Trainingszustand ausgezeichnet ist.
 Ich befinde 
mich seit einem Monat in Kemer-Ciris (ca. 50 km südlich von 
Antalya) und habe meinen Körper durch tägliche Straßenläufe 
oder Trails in den Bergurwäldern größtenteils in der 
unmittelbaren Nachbarschaft gestählt!
 
Der Start
Der Startschuss fällt und eine Masse von über 2.000 Sportlern 
setzt sich erwartungsfroh in Bewegung. Nach etwa 1 Minute 
laufe ich über den elektronischen Zeitteppich und mein in der 
Startnummer integrierter Chip wird aktiviert.
Das Rennen beginnt!
Mit meinem bei vielen 1.000 km bewährtem Ultra-
Schlappschritt in meinem Wohlfühltempo laufe ich an und 
nehme mir fest vor, dies auch während des gesamten Rennens 
so beizubehalten.
Nach wenigen km hat sich das Läuferfeld bereits weit 
auseinandergezogen. Ich laufe allein, 20 bis 30 m vor mir sind 
einige Frauen, die meine Töchter oder Enkelinnen sein könnten.
Und hinter mir sind noch ca. 30 Personen.
Die saubere Straße führt immer wieder auf- und absteigend 
durch ein sehr gepflegtes Stadtviertel von Antalya, das einen 
ordentlichen Wohlstand der dortigen Bewohner erahnen lässt.
Viele Zuschauer in den die Laufstrecke umgebenden 
Straßenlokalen klatschen oder bezeugen durch 
Daumenhochzeigen ihr Interesse und Ihre Sympathie.
 
Der Lauf
In dichter Reihenfolge kommen Versorgungsstationen, die mit 
Bananen, Äpfel, Mineralwasserflaschen und Red-Bull Dosen 
bestückt sind.
Wasser trinke ich ausreichend. Nahrung benötige ich keine.
Die Temperatur beträgt ca. 12 – 14 Grad C, die ich optimal 
empfinde. Nun setzt leichter Regen ein, der mich auch nicht 
weiter stört, zumal es fast windstill ist.
Alle km sind ausgeschildert und ca. alle 300 m stehen 
Polizisten, die die Sicherheit gewährleisten.
Sonderbarerweise ist jetzt durch den Regen der Asphalt unter 
meinen in fast neuen HOKA-Trailschuhen bekleideten Füßen 
glatt geworden und sehe gerade, wie ein Motorradfahrer auf 
einer Seitenstraße dabei ins Rutschen gerät und stürzt.
 
  Siegerehrung beim Antalya Marathon 2023 mit Bernhard auf  dem Treppchen
 
Schnell gewöhne ich mich an die nur leichte Glätte und der 
Regen hört nach relativ kurzer Zeit auf.
So bei 6 km kommt mir der erste Halbmarathonläufer bereits 
auf seiner Rückrunde in einer für mich erscheinenden 
Leopardengeschwindigkeit mit Tunnelblick entgegen.
Danach kommen viele, die mich interessiert so wie ich sie 
interessiert und freundlich mustere, klatschen und den Daumen
nach oben zeigen.
Ich genieße in den höchsten Zügen diese mir von den 
Teilnehmern und auch den Zuschauern entgegengebrachte 
Sympathie und deren Zurufe.
Mehrmals frage ich wieder älter erscheinende Teilnehmer nach 
ihrem Lebensalter. Ein Engländer gibt die Zahl 66 an und die 
gefragten Türken sind alle Anfang 60.
Die Zuversicht auf den bevorstehenden einsamen 
Altersklassesieg festigt sich.
 
Die zweite Hälfte
Nach 10,5 km geht’s zurück und nur noch eine sehr 
überschaubare Menge von Konkurrenten, die alle viel jünger als
ich sind, kommen mir entgegen.
Das absolute Runner’s high-Gefühl ist wieder in mir und ich 
spule km um km in der totalen Leichtigkeit des Seins ab.
Einen Läufer und eine Läuferin überhole ich noch und werde 
selbst noch von einem Läufer, der mein Enkel sein könnte, 
überholt 
Ebenso laufen nun die ersten Marathonläufer, die 15 Minuten 
vor uns gestartet waren wie Gazellen an mir vorbei.
Ich selbst laufe vom Anfang an ohne Uhr durchgehend in 
meinem bewährten Ultra-Energiesparschritt und genieße dabei 
die Fitness meiner gefühlten Spätjugendlichkeit und denke 
dabei, dass langsames langes Laufen auch zu einem langen 
Leben führt.  
Dabei erinnere ich mich an ein meine Einstellung 
zum Laufsport prägendes Erlebnis zu Beginn meiner 
Laufkarriere im Jahr 2000 beim Frankfurt-Marathon, als ein 
würdevoller Herr die Gemeinschaftsdusche nach dem Rennen 
betrat. Im Gesicht und am Hals konnte man erkennen, dass er 
die Jünglingsphase schon seit langer Zeit hinter sich gelassen 
hatte, jedoch könnten die allermeisten Mitvierziger sich 
glücklich schätzen, wenn ihr Körper sich in einem solch 
drahtigem und muskulösen Zustand wie bei ihm befinden 
würde. Ich fragte nach seinem Lebensalter...die Antwort 82 
Jahre. UND MIR WURDE SOFORT BEWUSST, DASS ICH MIT DEM 
LAUFSPORT EINE SCHATZTRUHE MIT UNERMESSLICHEM INHALT 
GEFUNDEN HATTE!
Wahrscheinlich geht es den Kranichen bei ihren 
Interkontinentalflügen ebenso.
 
Zieleinlauf 
Jetzt sind es nur noch 2 km bis zum Ziel und die Zahl der mir 
zujubelnden Zuschauer wird größer. 
Die Ziellinie überquere ich jetzt völlig erschöpfungsfrei mit 
einem himmlischen Glücksgefühl im Bauch und ein liebes 
türkisches Mädchen hängt mir die Finisher-Medaille um den 
Hals.
Dann geht’s zu den Tischen mit den Sitzbänken vor dem großen
Siegerehrungspodest, wo bereits bekannte schnellere 
Landsleute verweilen und genieße mit ihnen zusammen die 
immer wieder sehr angenehme Post-Rennatmosphäre.
 
Siegerehrung
Die Siegerehrung beginnt wie immer zuerst bei den Frauen und 
endet bei der Altersklasse W 65 +.
Dann kommen die Männer dran, und nachdem die 3 Teilnehmer
in der M 70 + geehrt wurden, höre ich: „ Old age-Group M 75 + 
only one man...he is Bernhard Sesterheim from Germany!“
 
  Altersklassensieger Bernhard mit seiner Siegestrophäe
 
Ich betrete die Bühne und schwinge mich auf’s 
Siegertreppchen, man überreicht mir den Siegerpokal, eine 
vielhundertfache Zuschauermenge jubelt mir zu, ich sehe auf 
mich gerichtete Filmkameras und habe vor Rührung Tränen in 
den Augen. 
Die Ursache für diese ganz besondere wohlwollende 
Aufmerksamkeit vieler einheimischer Sportler mir gegenüber ist
wohl in der orientalischen Kultur begründet, in der Hochachtung
gegenüber älteren und lebenserfahrenen Menschen nach wie 
vor eine große Rolle spielt.
 
Als ich von der Bühne herabsteige, werde ich von vielen 
türkischen Sportlern beiderlei Geschlechts gebeten, mich mit 
ihnen photographieren zu lassen, was ich dann sehr gerne tue.
 
Ausblick und Fazit
Nächstes Jahr werde ich wieder dabei sein!
Wer Zeit und Interesse hat, dem kann ich einen 
Urlaubsaufenthalt in Kemer-Kiris (ca. 50 km südlich von Antalya 
empfehlen. Das Preis-Leistungsverhältnis ist wohl weltweit nicht
zu überbieten!
Das Rennen in Antalya findet immer am ersten Sonntag im März
statt und ich werde wieder ab Ende Januar in Kemer-Kiris 
verweilen und dort in den mediterranen Bergurwäldern, wo ich 
mich wie in meiner Westentasche auskenne, Trailwanderungen 
und langsame -Läufe unternehmen. Gerne können sich mir 
Interessierte dabei anschließen.
 
  
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